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8 1 / 2022 // LEOPOLDINA / NEWSLETTER

Aufruf zu mehr Sachlichkeit in Diskussion und Medien-Berichterstattung

Allianz der Wissenschaftsorganisationen betont Grundregeln einer freien und offenen Gesellschaft
In Zeiten einer Krise wie der Coronavirus- Pandemie braucht die Gesellschaft einen Journalismus , der faktenbasiert , sachlich und verantwortungsvoll ist . Dies betont die Allianz der Wissenschaftsorganisationen in ihrer gemeinsamen Erklärung vom 6 . Dezember 2021 „ Aufruf zu mehr Sachlichkeit in Krisensituationen “. Anlass war die Berichterstattung der Tageszeitung „ BILD “, in der die Physikerin Viola Priesemann sowie die Physiker Dirk Brockmann und Michael Meyer-Hermann für verschärfte Corona-Maßnahmen verantwortlich gemacht wurden . Im Wortlaut heißt es :
„ Die BILD-Zeitung setzt mit dem Beitrag ‘ Die Lockdown-Macher ‘ vom 4 . Dezember 2021 ihre im vergangenen Jahr begonnene einseitige Berichterstattung gegen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fort , die ihre fachliche Expertise in den Dienst von Politik und Gesellschaft stellen , um der Coronavirus-Pandemie und ihren gerade in diesen Tagen dramatisch sichtbaren Folgen zu begegnen .
Dass und auf welche Weise hier ein- zelne Forscherinnen und Forscher zur Schau gestellt und persönlich für dringend erforderliche , aber unpopuläre Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung verantwortlich gemacht werden („ Experten-Trio schenkt uns Frust zum Fest “), ist diffamierend . Es kann überdies leicht zu einem Meinungsklima beitragen , das an anderer Stelle bereits dazu geführt hat , dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt sahen oder mit ihr bedroht wurden .
Solche Formen der Auseinandersetzung sind aus Sicht der Allianz in keiner Weise akzeptabel und widersprechen den Grundregeln einer freien und offenen Gesellschaft sowie den Grundprinzipien unserer Demokratie . Gerade in Krisensituationen und einem ohnehin schon emotionalisierten Themenfeld ist Sachlichkeit in Diskussion und Berichterstattung in besonderer Weise geboten und weitaus zielführender .
Politik und Gesellschaft werden , nicht nur in pandemischen Krisen , substanziell durch die Erkenntnisse der
Wissenschaft unterstützt . Daher müssen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Expertise frei einbringen können .
Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen ist ein Zusammenschluss der bedeutendsten Wissenschaftsorganisationen in Deutschland . Sie nimmt regelmäßig Stellung zu wichtigen Fragen der Wissenschaftspolitik . Der Wissenschaftsrat ist Mitglied der Allianz und hat für 2021 die Federführung übernommen . Weitere Mitglieder sind die Alexander von Humboldt-Stiftung , der Deutsche Akademische Austauschdienst , die Deutsche Forschungsgemeinschaft , die Fraunhofer-Gesellschaft , die Helmholtz- Gemeinschaft , die Hochschulrektorenkonferenz , die Leibniz-Gemeinschaft , die Max-Planck-Gesellschaft und die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina .“
Gemeinsame Erklärung der Allianz der Wissenschaftsorganisationen