Leopoldina aktuell_2 2024 | Page 10

10 2 / 2024 // LEOPOLDINA / NEWSLETTER

„ On the Path to Carbon Neutrality “

Zweite „ Science for Future “ -Konferenz mit der Chinesischen Akademie der Wissenschaften im Oktober
Im Jahr 2018 haben die Leopoldina und die Chinesische Akademie der Wissenschaften die Initiative „ Science for Future “ ins Leben gerufen . Ziel ist es , die wichtige Rolle der Grundlagenforschung für die Gesellschaft hervorzuheben . Die Konferenz mit dem Titel „ On the Path to Carbon Neutrality “ ist die zweite Konferenz der Reihe und wird aufseiten der Leopoldina von Katharina Kohse- Höinghaus ML und Harald Fuchs ML mit vorbereitet .
Warum planen Sie eine Konferenz zum Thema Kohlenstoffneutralität mit China , sind die Herausforderungen der beiden Länder nicht zu unterschiedlich ? Katharina Kohse-Höinghaus : Es ist einfach klar : Es geht nicht ohne China . China ist einer der größten Verursacher von Klimagas-Emissionen . Wenn wir aber auf die Emission pro Kopf und Jahr schauen , liegen wir etwa gleichauf bei acht Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr . China hat natürlich eine viel größere Bevölkerung , dort muss mehr passieren als bei uns , aber das geschieht auch bereits mit schnellen Genehmigungsverfahren und staatlicher Unterstützung . Harald Fuchs : Vergleichbar ist auch : Beide Länder haben wenig Öl- und Gasvorkommen und bisher auf Kohle und Kernkraft gesetzt . Und für die Zusammenarbeit spricht , dass man komplementär vorgehen kann . Jedes Land hat andere Mechanismen , in China ist vor allem die Translation aus der Forschung in die Anwendung anders strukturiert . Und da haben wir , glaube ich , eine gute Mischung unterschiedlicher Vorgehensweisen im Technologietransfer , über die wir uns austauschen können .
Katharina Kohse-Höinghaus und Harald Fuchs .
Fotos : Norma Langohr | Universität Bielefeld , Studio Wiegel Münster
siv . Wir haben eine hohe Bautätigkeit in China , und bei uns ist in Sachen Dämmung auch noch nicht alles umgesetzt . Dann Stahlerzeugung und chemische Industrie , bei der sich beide Seiten um grüne Verfahren bemühen . Das sind wichtige Bereiche auf dem Weg zur Kohlenstoffneutralität . Fuchs : In beiden Ländern gibt es Batterieproduktion . Hier ist China um mehr als eine Größenordnung stärker als wir . Es gibt natürlich auch Sekundäreffekte durch die Anwesenheit von CO2 , zum Beispiel die Freisetzung von Methan aus Permafrostböden und Gestein und von gebundenem CO2 in Seegras . Das sind Prozesse , die lange nachlaufen . Daher ist die breite Anwendung neuer Technologien und die Zusammenarbeit sehr wichtig , damit
SCIENCE FOR FUTURE
Die zweite „ Science for Future “ -Konferenz stellt innovative Ansätze aus Grundlagenforschung und Anwendung zur Diskussion und eröffnet einen Diskurs über die Strategien in Deutschland und China zur Erreichung von Kohlenstoffneutralität in beiden Ländern . Zudem bietet die Konferenz eine interdisziplinäre Plattform für den Austausch von Wissen und Erfahrungen mit international renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern .
Konferenz „ On the Path to Carbon Neutrality “
Wie kann man sich denn in der CO2-Neutralität gegenseitig voranbringen ? Kohse-Höinghaus : Wir haben ja verschiedene Sektoren , nicht nur den Stromsektor , sondern zum Beispiel auch die Bauwirtschaft . Beton ist sehr CO2-intenman effizienter in verschiedenen kritischen Bereichen in mehreren Richtungen parallel arbeiten kann . Kohse-Höinghaus : Wir haben bei der CO2-Neutralität so viele Baustellen , für die interdisziplinärer Austausch sehr wichtig ist . Gerade wegen der Sektorkopplung und der Feedback- Effekte muss die Wissenschaft zusammenarbeiten .
China will bis 2060 kohlenstoffneutral werden , baut aber weiter Kohlekraftwerke . Wie soll das klappen ? Kohse-Höinghaus : Wir müssen akzeptieren , dass Kohle in China zurzeit ein wichtiger Energieträger ist . Es werden aber auch große Photovoltaik- und Windenergieanlagen gebaut . 2022 standen in China grob 35 Prozent der kumulierten weltweit installierten Photovoltaikleistung . Für die Kohle ist der Peak vor 2030 angekündigt – ob das klappt , werden wir sehen . Fuchs : Kohle ist auch in China eine Brückentechnologie . China hat den Vorteil , dass das Land sehr groß ist . Riesige ausgedehnte Solaranlagen stehen im Wesentlichen im Westen und Norden Chinas . Man könnte mit Anlagen dieser Größe weite Teile Europas mit Strom versorgen .
Was soll die Konferenz im Oktober für beide Länder leisten ? Kohse-Höinghaus : Wissenschaftliche Interaktion ermöglichen , Gesprächsfäden aufrechterhalten , gerade auch für junge Forschende . Es geht nicht um einen Durchbruch auf Gebiet XY , sondern es geht um das gemeinsame Vorangehen beim Weltthema CO2-Neutralität . Fuchs : Wir arbeiten zusammen in der Hoffnung , dass wir gemeinsam schneller vorankommen , eben auch bei der Dekarbonisierung .
■ DAS GESPRÄCH FÜHRTE CHRISTINE WERNER