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2 / 2024 // LEOPOLDINA / NEWSLETTER 13

Treibhausgas CO2 aktiv und dauerhaft der Atmosphäre entziehen

Ad-hoc-Stellungnahme „ Schlüsselelemente eines Kohlenstoffmanagements “ veröffentlicht
Um in Deutschland und Europa Klimaneutralität bis 2045 bzw . 2050 zu erreichen , genügen Emissionsreduktionen nicht mehr . Der Atmosphäre muss zusätzlich auch das wichtigste Treibhausgas CO₂ aktiv und dauerhaft entzogen werden . Damit wird ein dritter Handlungsbereich auf dem Weg zur Klimaneutralität bedeutend : das Kohlenstoffmanagement .

Zu den verschiedenen Möglichkeiten der Speicherung und langfristigen Nutzung von CO₂ liegen nun mit der Ad-hoc-Stellungnahme „ Schlüsselelemente eines Kohlenstoffmanagements “ Empfehlungen der Leopoldina vor . Dies schließt Maßnahmen zur technischen Umsetzung , für ökonomische Anreize und zur internationalen Zusammenarbeit ein .

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sprechen sich dafür aus , Forschung und Entwicklung zur CO2- Abtrennung in industriellen Prozessen und zur direkten Entnahme aus der Atmosphäre ( Direct Air Capture , DAC ) zu fördern . DAC sollte vor allem an Standorten , an denen die klimatischen Bedingungen oder die Energiekosten aus regenerativen Quellen günstig sind , etabliert werden .
Betont wird dabei , dass CO2-Speicherung im Untergrund ( Carbon Capture and Storage , CCS ) für nicht vermeidbare CO2-Emissionen beispielsweise aus Landwirtschaft und Industrie eingesetzt werden sollte . Zudem wird empfohlen , CCS-Verfahren sowohl im marinen Bereich als auch auf dem Festland zu nutzen . Auch das Potenzial einer natürlichen Speicherung von CO2 , vor allem durch Wiederaufforstung und Wiedervernässung von Mooren , sollte wissenschaftlich ermittelt werden . Neben der Speicherung ist der Aufbau einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft für Kohlenstoff notwendig , um CO2 stofflich nutzen und dauerhafte oder möglichst langlebige Güter herstellen zu können ( Carbon Capture and Utilization , CCU ).
Die Ad-hoc-Stellungnahme schlägt vor , ökonomische Rahmenbedingungen für die CO2-Entnahme aus der Atmosphäre zu etablieren , die Entwicklung entsprechender Märkte zu fördern und privates Kapital dafür zu aktivieren . Die Transportinfrastruktur für CO2 und CCU-Produkte muss im europäischen Verbund ausgebaut , durch Investitions-
„ KOHLENSTOFFMANAGEMENT INTEGRIERT DENKEN “
Die Bundesregierung möchte mit zwei Strategien , der Carbon Management Strategie ( CMS ) und der Langfriststrategie Negativemissionen ( LNe ), einen strategischen Rahmen für das Kohlenstoffmanagement in Deutschland schaffen und hat dazu erste Eckpunkte formuliert . Der vorliegende Impuls des Akademienprojekts „ Energiesysteme der Zukunft “ ( ESYS ) ordnet anhand dieser Eckpunkte die Rolle und Grenzen des Kohlenstoffmanagements im Klimaschutz ein .
ESYS-Impuls
Foto : martin33 l AdobeStock
anreize gefördert und mit vergleichbaren Planungen für Wasserstoff und andere stoffliche Energieträger zusammengeführt werden . Vorhandene Infrastrukturen , wie das Gasnetz , sollten möglichst umfassend genutzt und daher nicht vorschnell aufgegeben werden .
Für die CO2-Entnahme aus der Atmosphäre müssen Bedingungen etabliert werden , damit sich darauf aufbauend Geschäftsmodelle und stabile Märkte entwickeln können . Dafür könnten beispielsweise eigene Zertifikatsmärkte entwickelt werden . Wichtig wäre ein Regelwerk , das europaweit die Entnahme und ökonomische Bewertung von CO2 organisiert . Die Fachleute empfehlen zudem internationale Kooperationen in Forschung , Entwicklung und Pilotprojekten . Insbesondere Ländern des Globalen Südens kommt aufgrund ihrer Lage und der günstigen Bedingungen für die Nutzung erneuerbarer Energien eine herausragende Stellung zu .
Die Ad-hoc-Stellungnahme wurde von der Leopoldina-Fokusgruppe „ Klima und Energie “ erarbeitet . ■ RED
Ad-hoc-Stellungnahme „ Schlüsselelemente des Kohlenstoffmanagements “