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nen , um das System Erde zu verstehen und Prozesse vorherzusagen . „ Wir dürfen diese Expertise fürs Detail nicht verlieren , das ist die Crux “, warnte sie .
Ebenso sprach sich Crewell für eine engere Vernetzung etwa auf internationaler Bühne für die Erdbeobachtungssysteme sowie mit anderen Disziplinen wie der Informatik aus . „ Die Geowissenschaften nutzen zwar schon jetzt , etwa in der Fernerkundung , viele Methoden der Computerwissenschaften , wie etwa maschinelles Lernen , aber die Entwicklung dafür kommt oft aus anderen Disziplinen “, so die Meteorologin . „ Würden wir mehr zusammenrücken , wären die Geowissenschaften auch mal Treiber , zum Beispiel für die Entwicklung von Algorithmen .“
Rückenwind für die Förderung
Rückenwind erhält die Leopoldina- Initiative durch die VolkswagenStiftung , die zehn Millionen Euro in das Fachgebiet investieren will . „ Der Zukunftsbericht Erdsystemwissenschaft hat uns von der Relevanz und Dringlichkeit dieses Forschungsfeldes sofort überzeugt . Man hat sich daran gewöhnt , dass Grundlagenforschung immer spezialisierter , immer kleinteiliger wird – und vergisst dabei den Blick auf die Erde als Ganzes “, sagt Georg Schütte , Generalsekretär der VolkswagenStiftung . Doch nur aus der systematischen Perspektive könnten effektive Lösungen für globale Probleme gefunden werden .
Sechs Junior-Professuren mit Tenure-Track wird die Stiftung in den kommenden sechs Jahren mit je 1,5 Millionen Euro fördern . Danach müssen die Hochschulen die Finanzierung übernehmen . „ Wir wollen einen Impuls zur Modernisierung und Dynamisierung der Geowissenschaften geben . Unser Ziel ist , die vielen Subdisziplinen anhand der zukunftsorientierten Leitidee der Erdsystemwissenschaft neu auszurichten “, begründet Schütte das Engagement .
Allerdings könne dieser Prozess nicht ganz ohne Reibung vonstattengehen . „ Wissenschaftliche Disziplinen weiterzuentwickeln , ist eine Herausforderung , weil man alles hinterfragen muss “, so Schütte . Zumal insgesamt 26 Fachgesellschaften zu den Geowissenschaften zählen . „ Für diesen notwendigen Prozess muss man Anreize setzen , gleichzeitig aber auch Geduld mitbringen .“
Wohin eine solche Erneuerung in
ZUKUNFTSREPORT ERDSYSTEMWISSENSCHAFT
Um die Erde als Ganzes zu begreifen und effektiv zur Lösung der globalen Herausforderungen beizutragen , sollten die Geowissenschaften in Deutschland modernisiert werden und künftig von der Leitidee der Erdsystemwissenschaft geprägt sein . Das empfiehlt die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in ihrem Zukunftsreport Wissenschaft „ Erdsystemwissenschaft – Forschung für eine Erde im Wandel “. Der Report gewährt einen Überblick über das Forschungsfeld und schlägt Maßnahmen zur Etablierung des Konzepts vor .
Mit dem Format „ Zukunftsreport Wissenschaft “ greift die Leopoldina Fragen der mittel- und langfristigen Wissenschaftsentwicklung auf , die für das Verhältnis von Wissenschaft , Politik und Gesellschaft besonders relevant sind .
■ RED
SiO 2
Zukunftsreport Erdsystemwissenschaft
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O der Hochschullandschaft führen kann , wurde auf dem Symposium anhand von Best-Practice-Beispielen deutlich , wie dem Global Futures Laboratory an der Arizona State University oder dem Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit ( CEN ) der Universität Hamburg . „ Am CEN ist es durch die stärkere Integration der Erddisziplinen gelungen , Expertise in einem Fachbereich zu bündeln und sehr erfolgreich Drittmittel wie etwa ein Exzellenzcluster der Deutschen Forschungsgemeinschaft einzuwerben “, schildert Onno Oncken .
Eine andere Möglichkeit sei es , die Curricula geowissenschaftlicher Studiengänge durch Komponenten der Erdsystemwissenschaft zu ergänzen . Allerdings : „ Eine ‚ one size fits all ‘ -Lösung wird es nicht geben . Die lokalen Rahmenbedingungen spielen eine entscheidende Rolle .“
Kommunikation und Vernetzung
In seinem Tagungsresümee schrieb Oncken der Fachcommunity noch weitere Aufgaben ins Stammbuch , etwa eine nationale Roadmap für die Entwicklung von Beobachtungssystemen und ein Whitepaper für den Ausbau digitaler Infrastrukturen .
Doch es geht dem Geologen und Mitglied des Leopoldina-Präsidiums nicht nur darum , die Geowissenschaften intern zu einen . „ Wir müssen die Fragmentierung überwinden , um mit einer Stimme stärker in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden “, benennt er einen ebenso wichtigen Punkt . Einen ersten Schritt sieht er in Workshops mit Fachvertreterinnen und -vertretern aus der Erdsystemwissenschaft und benachbarten Disziplinen sowie anderen Stakeholdern , initiiert durch die Leopoldina .
Dazu passt , dass die Volkswagen- Stiftung in ihrem Zehn-Millionen-Förderprogramm auch eine Million Euro vorgesehen hat , um Vernetzung und Debatten in der Forschungscommunity zu unterstützen . Bereits im Februar informierte die VolkswagenStiftung online zum neuen Förderprogramm . Oncken : „ Das ist ein Startsignal , wir müssen jetzt die Prozesse lostreten .“
■ BJH