Leopoldina aktuell_3 2023 | Page 9

3 / 2023 // LEOPOLDINA / NEWSLETTER 9

Alle Akteure des Gesundheitssystems einbinden und aufeinander abstimmen

Sprecherin und Sprecher der Arbeitsgruppe über die Ad-hoc-Stellungnahme zur Krankenhausreform
Mit der vom Bundesgesundheitsministerium geplanten Krankenhausreform soll das bislang ökonomisch geprägte Abrechnungssystem von den Fallpauschalen hin zu einer Vergütung über Vorhaltebudgets geführt werden . Ziel ist es , langfristig die Behandlungsqualität , beispielsweise durch Bündelung von Kompetenzen , zu steigern , gleichzeitig aber eine flächendeckende Versorgungssicherheit zu gewährleisten . Dieses Reformvorhaben bietet jedoch darüber hinaus die Chance , auch die wissenschafts- und evidenzbasierte Gesundheitsversorgung langfristig zu stärken .
VON JUTTA GÄRTNER ML * UND THOMAS KRIEG ML *

Auf diese Überlegungen macht die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in ihrer Ad-hoc-Stellungnahme „ Die Krankenhausreform für eine wissenschaftlich fundierte Gesundheitsversorgung nutzen “ aufmerksam . Für den Ausbau eines wissenschaftlich fundierten Gesundheitssystems kommt den Universitätsklinika eine Schlüsselrolle zu : Sie verbinden interdisziplinäre Forschung , Lehre und klinische Versorgung , bieten Aus- , Fort- und Weiterbildungen und ermöglichen es über die Einrichtung von Zentren , ärztliche und wissenschaftliche Expertise zu konzentrieren .

Für eine optimale Versorgung von Patientinnen und Patienten ist es jedoch auch notwendig , alle beteiligten Partner des Gesundheitssystems , andere Krankenhäuser , niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen zu integrieren und aufeinander abzustimmen . Hierzu ist es wichtig , bestehende Kooperationen auszubauen und systematisch Netzwerkstrukturen mit der Universitätsmedizin in einer zentralen koordinierenden Rolle zu schaffen .
Thomas Krieg ML
ist seit 1997 Mitglied und seit 2019 Vizepräsident der Leopoldina . Der Dermatologe und Senior-Professor für Translationale Bindegewebsforschung an der Universität zu Köln forscht zu Entzündungsmechanismen , Wundheilung und Bindegewebe sowie Autoimmunerkrankungen .
Foto : Markus Scholz | Leopoldina
Nur so kann das Gesundheitssystem langfristig und in größerem Umfang befähigt werden , Patientinnen und Patienten wissenschaftlich fundiert zu versorgen und wissenschaftliche Innovationen zu generieren , die zügig – unter anderem über wissenschaftsinitiierte klinische Studien – in die klinische Anwendung gebracht werden können .
Notwendig ist es dazu , neben spezifisch geschultem Personal , digitaler Vernetzung und wissenschaftlich geleiteten Studienzentren , die Rechtsgrundlagen für die wissenschaftliche Nutzbarkeit von versorgungsnahen Daten zu schaffen und forschende Ärztinnen und Ärzte ( Clinician Scientists ) sowie weiteres forschendes Gesundheitspersonal ( Medical Scientists ) zu stärken . Über strukturiert aufgebaute Fort- und Weiterbildungen muss auch die Wissenschaftskompetenz des Gesundheitspersonals insgesamt
Jutta Gärtner ML
ist seit 2014 Mitglied der Leopoldina , seit 2021 Präsidiumsmitglied und seit November 2021 Vorsitzende des Leopoldina Human Rights Committee ( HRC ). Die Spezialistin für Neuropädiatrie leitet als Direktorin die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Universitätsmedizin Göttingen .
Foto : Markus Scholz | Leopoldina
systematisch und langfristig gefördert werden .
Sämtliche erforderlichen Aktivitäten und Strukturen , die für die Umsetzung all dieser Aufgaben mit der Universitätsmedizin in einer zentralen koordinierenden Rolle vonnöten sind , müssen durch entsprechende finanzielle und personelle Ressourcen institutionell abgebildet werden .
* Jutta Gärtner und Thomas Krieg sind Sprecherin und Sprecher der Fokusgruppe , die die Ad-hoc-Stellungnahme der Leopoldina zur Stärkung der wissenschaftlich fundierten Gesundheitsversorgung erarbeitet hat .
Ad-hoc-Stellungnahme „ Krankenhausreform “