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4 2 / 2024 // LEOPOLDINA / NEWSLETTER

„ Die Leistungen technischer und natürlicher Systeme klug verknüpfen “

Klement Tockner und Franziska Tanneberger zur Stellungnahme über Moore und Auen
Funktionsfähige Auen und Moore sind essenziell für Mensch und Natur . Das
nirgendwo in Mitteleuropa ist die Vielfalt so hoch wie in diesen Feuchtgebieten .
beschreibt die Stellungnahme „ Klima –
Wasserhaushalt – Biodiversität : Für eine integrierende Nutzung von Mooren und Auen “. Beteiligt an der interdisziplinären Arbeitsgruppe waren Leopoldina-Mitglied Klement Tockner , Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung , sowie Franziska Tanneberger , Leiterin des Greifswald Moor Centrum .
Im Moment befeuern Flüsse und Moore die Klimakrise aber noch , weil den Systemen Wasser fehlt . Was passiert da ? Tanneberger : Wir haben den Mooren sozusagen den Stöpsel gezogen : 94 Prozent der Moore in Deutschland wurden trockengelegt . Wasser ist aber der Schlüssel zum Prozess der Kohlenstoffspeicherung
. Fehlt Wasser , fehlt auch die
Schutzschicht um den Kohlenstoff .
Das führt dazu , dass jetzt große Mengen
CO2 an der Oberfläche der Moore
im Grunde verbrannt werden . Diese
Emissionen machen sieben Prozent
der ganzen Treibhausgasemissionen
in Deutschland aus . In einigen Regionen
deutlich mehr , in Mecklenburg-
Vorpommern sind es etwa 40 Prozent
Franziska Tanneberger und Klement Tockner .
Foto : Jana Planek , Sven Tränkner | SGN
aller Emissionen . Tockner : Bäche und Flüsse wurden
begradigt und zerstückelt , um das
In der Stellungnahme heißt es , gesunde , naturnahe Moore und Auen tragen überproportional zum Klima- und Biodiversitätsschutz
Wasser möglichst rasch abzuleiten und Raum für Siedlungen zu schaffen . So leben heute
bei . Was leisten diese ?
entlang
des
gesamten
Franziska Tanneberger : Moore sind in Bezug auf Klimaschutz ein Wunder- Ökosystem . Sie bringen über die Photosynthese der Pflanzen Kohlenstoff in den Boden ein und speichern diesen dort langfristig . Diese dicken Torfschichten , die wir teils auch in Auen finden , sind riesige
Rheins neun Millionen Menschen dort , wo es früher Überflutungsgebiete gab . Das begrenzt die natürlichen Renaturierungen , weil der Schutz der Menschen und technische Lösungen oft Vorrang haben .
Kohlenstoffspeicher . In naturnahen Mooren
konnte sich auch eine ganz spezifische Biodiversität halten . Klement Tockner : Bei den Auen spielen auch indirekte Effekte eine große Rolle : etwa der Rückhalt von Wasser während Hochwasser oder der Wasser-Rückstrom zu Trockenzeiten . Zugleich sind Auen globale Zentren der Biodiversität . Gemeinsam nehmen Moore und Auen nur etwa zehn Prozent der Landesfläche ein – doch
Jetzt lassen sich Auen und Moore aber nicht einfach fluten , sie werden genutzt . Wie kann trotzdem wieder mehr Wasser in die Flächen kommen ? Tockner : Es gibt viele Abschnitte , die man renaturieren kann . Die Herausforderung ist , dass Bäche und Flüsse Raum benötigen – es ist somit auch ein Konflikt um die Raumnutzung . Deswegen sind die vielfältigen Funktionen und Leistungen
von Auen hervorzuheben . Die Bevölkerung muss verstehen , warum die Renaturierung so wichtig ist .
Als Erfolgsbeispiel hierfür gilt die Emscher , ein Nebenfluss des Rheins im Ruhrgebiet – 30 Jahre renaturiert , 5,4 Milliarden Euro investiert , das sind rund 50 Millionen pro Kilometer . Beträchtliche Summen , die sich aber gelohnt haben : Die Emscher war ein Abwasserkanal und ist heute ein wertvoller Lebensraum für Tiere und Menschen . Verkürzt kann man festhalten : Naturschutz ist Menschenschutz . Tanneberger : Es geht um Alternativen , die Synergien sich bringen . Wir mit kön-
Parallel zur Stellungnahme wurde das digitale Dossier „ Moore und Auen : Vom Wandel nasser Landschaften “ veröffentlicht . Interaktive Grafiken veranschaulichen Wasserlandschaften , Entwässerung und Wiedervernässung und spiegeln auch die Handlungsempfehlungen wider .
Grafik : Ronny Träger