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1 / 2023 // LEOPOLDINA / NEWSLETTER 7
„ DIE RECHTLICHEN GRUNDLAGEN DER NOTFALLVORSORGE FÜR KULTURGÜTER “
Ein wirkungsvoller Kulturgutschutz benötigt klare rechtliche Grundlagen , um im Falle von Naturkatastrophen , Bränden oder terroristischen Anschlägen den Erhalt von Kulturgütern zu sichern . In Deutschland existieren jedoch weder klare rechtliche Regelungen für die Notfallvorsorge für Kulturgüter noch sind die vorhandenen Regelungen für eine rechtssichere Bewältigung von Schadenslagen ausreichend . Dies ist die Kernaussage des Leopoldina-Diskussionspapiers „ Die rechtlichen Grundlagen der Notfallvorsorge für Kulturgüter “. Die Veröffentlichung bietet einen umfassenden Überblick über die Regelungen des Völkerrechts , des Europarechts sowie über die Gesetze in Deutschland .
In Deutschland gleicht die rechtliche Lage einem Flickenteppich . Sie besteht aus einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Regelungen der für Kultur und Gefahrenabwehr zuständigen Bundesländer . Der Kulturgutschutz fehlt in diesen Regelungen . Dies bedeutet in der Praxis , dass es oft vom Engagement einzelner Personen abhängt , ob eine Zusammenarbeit zwischen Kultureinrichtungen und beispielsweise der Feuerwehr zustande kommt .
Das Diskussionspapier empfiehlt , dass Regelungslücken und -defizite durch die vollständige und bundesweite Umsetzung der wenigen völker- und europarechtlichen Vorgaben begegnet werden sollte . Zudem sollten Zuständigkeiten , Aufgaben , inhaltliche Vorgaben und Handlungsempfehlungen für die Notfallvorsorge zwischen Bund und Ländern sowie zwischen allen Akteuren klar definiert und koordiniert werden .
■ CA , CBR
Diskussionspapier „ Rechtliche Grundlagen “
Ein anderes Feld , auf das Sie mit einem kürzlich erschienenen Diskussionspapier aufmerksam machen , sind die rechtlichen Grundlagen der Notfallvorsorge für Kulturgüter . Was liegt bei der Vorsorge für den Fall von Naturkatastrophen , Terroranschlägen oder Kriegen im Argen ? Parzinger : Die rechtlichen Ebenen sind hier kompliziert : Völkerrecht im Frieden und im Kriegsfall , Europarecht und Rechtslage in Deutschland . Mit dem Diskussionspapier versucht die von uns dafür gewonnene Autorin Kerstin von der Decken , die Regelungslücken zu beschreiben und Vorschläge zu machen , wie man die rechtlichen Ebenen in Einklang bringen und Verbesserungen erreichen kann . Dabei kommt sehr klar zum
Ausdruck , dass Deutschland selber tätig werden muss , vor allem , um die Kompetenzen von Bund und Ländern stärker in Einklang zu bringen .
Welche Fragen beschäftigen Sie darüber hinaus ? Parzinger : Nicht zuletzt bedroht der Klimawandel das archäologische Erbe . Ich kann hier von meinen Erfahrungen aus der Permafrost-Zone in Sibirien sprechen , wo sich durch Wassereinlagerungen in eisenzeitlichen Grabhügeln Verstorbene mit ihrer gesamten organischen Beigaben-Ausstattung in einer Eislinse über zweieinhalb Tausend Jahre vorzüglich erhalten haben , wie in einer Momentaufnahme . Durch die Erderwärmung droht nicht allein in diesem Bereich ein- zigartiges Kulturgut verloren zu gehen .
Ein weiteres Thema , dem wir uns noch zuwenden wollen , sind illegale Ausgrabungen . Das ist nicht nur ein Problem im Nahen Osten oder in Südamerika , auch bei uns hier in Deutschland stellt das eine sehr ernsthafte Bedrohung der kulturellen Überlieferung dar . Denken Sie nur an die Himmelsscheibe von Nebra , einen der bedeutendsten archäologischen Funde der letzten Jahrzehnte : Sie kommt aus einer Raubgrabung in Sachsen-Anhalt .
■ DAS GESPRÄCH FÜHRTE ADELHEID MÜLLER-LISSNER
Arbeitsgruppe „ Archäologisches Kulturerbe “
„ ORGANISATORISCHE VORAUSSETZUNGEN DER NOTFALLVORSORGE FÜR KULTURGÜTER “
Hochwasser , Brände , Stromausfälle , Vandalismus – Kulturgüter können durch verschiedene Ereignisse gefährdet oder gar zerstört werden . Die Notfallvorsorge für Kulturgüter gehört zwar zu den Kernaufgaben von Kultureinrichtungen , doch nach wie vor fehlen vielerorts die nötigen Ressourcen sowie eine konsequente Koordination aller für einen effektiven Kulturgutschutz notwendigen Partner . Vielerorts fehlt es zudem an einem Bewusstsein für die Erfordernisse des Kulturgutschutzes sowie an flächendeckenden Notfall-Strukturen .
Hochkomplexe Systeme wie Atomkraftwerke oder Notfallstationen in Krankenhäusern gehen tagtäglich mit hohen Risiken um . In der Praxis zeigt sich , dass solche Organisationen sehr zuverlässig arbeiten . Eine Analyse der Vorsorgestrategien solcher Einrichtungen kann deshalb bei der Etablierung effektiver Maßnahmen für den Kulturgutschutz hilfreich sein .
Das Diskussionspapier empfiehlt den Kultureinrichtungen , die eigenen Voraussetzungen für die Notfallvorsorge zu prüfen und gegebenenfalls zu erweitern . Dies umfasst die Risikoanalyse und den Aufbau von Ressourcen zur Notfallbearbeitung . Zudem müssen Verantwortlichkeiten und Ablaufschemata festgelegt werden . Zusätzlich sollten enge Kooperationsbeziehungen zu anderen örtlich oder regional ansässigen Kultureinrichtungen und zu Notfallorganisationen wie Feuerwehr oder THW etabliert werden . ■ CA , CBR
Diskussionspapier „ Organisatorische Voraussetzungen “