4 / 2022 // LEOPOLDINA / NEWSLETTER 13
Wovon reden : Klimawandel , Klimakrise oder Klimakatastrophe ?
Komplexe Themen als Herausforderung für Wissenschaftskommunikation und Journalismus
Coronavirus-Pandemie , Antibiotika- Resistenzen , Klimawandel – Forschungsthemen und Erkenntnisse , die der Öffentlichkeit verständlich gemacht werden sollen , sind oft komplex . Dazu kommt : Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben eine andere Rolle als Journalistinnen und Journalisten . Wie also kann ein Thema wie der Klimawandel umfassend vermittelt werden ?
Die Wissenschaft stellt Fakten zur Verfügung und zeigt Handlungsoptionen auf “, betont Leopoldina-Vizepräsident Robert Schlögl ML . „ Sie hat nicht die Aufgabe , Menschen zu belehren .“ Auch die Medien haben keinen „ Erziehungsauftrag “. Vielmehr wählen Journalistinnen und Journalisten Themen für die Berichterstattung aus , ordnen ein , hinterfragen und kommentieren . Es spielt aber natürlich eine Rolle , wie häufig und in welcher Form ein Thema vorkommt .
Haben die Medien bisher nicht angemessen über den Klimawandel berichtet ? Diese Frage wurde auch während des diesjährigen Journalistenkollegs der Leopoldina in Bremerhaven diskutiert . „ In der Tagesschau müssen wir die aktuelle Nachrichtenlage abbilden , da schafft es das Thema manchmal nicht in die Sendung “, sagt Redakteurin Anja Martini . „ Und natürlich ist es nicht einfach , beispielsweise den gesamten IPCC-Bericht in etwa 1 Minute 30 – die klassische Länge der Tagesschaubeiträge – zu bringen . Aber wir müssen es trotzdem versuchen .“
Aus der Wissenschaft kommt immer wieder Kritik an einigen Medien , weil dort zu Klimathemen teils noch Leugner des Klimawandels als gleichwertige Experten zu Wort kommen . Derartige Pro- Contra-Berichte können jedoch in der Berichterstattung zu einer falschen Ausgewogenheit – „ False Balance “ – führen :
Wissenschaft und Medien haben ein unterschiedliches Verständnis von Ausgewogenheit – das führt dazu , dass evidenzbasierte Erkenntnisse manchmal verkürzt in einem Pro-Contra-Schema dargestellt werden .
Grafik : Sisters of Design | Leopoldina
Es wird ein Bild von wissenschaftlichen Erkenntnissen vermittelt , das Meinungen widerspiegelt und nicht auf wissenschaftlicher Evidenz basiert .
Unter Journalistinnen und Journalisten wird auch diskutiert , welche Bilder und Begriffe genutzt werden : Ist „ Klimawandel “ überhaupt der richtige Ausdruck für das , was passiert ? „ Wir müssen von Klimakatastrophe sprechen “, sagt der Meteorologe und ZDF-Wettermoderator Özden Terli . „ Klimawandel ist zu harmlos .“ Seiner Meinung nach sollte das The-
FACTSHEET KLIMAWANDEL
Das Factsheet „ Klimawandel : Ursachen , Folgen und Handlungsmöglichkeiten “ der Leopoldina bereitet Wissen über Ursachen und Folgen des Klimawandels allgemeinverständlich auf . Zudem werden die Rolle von Kippelementen sowie Aspekte von Emissionsbudgets und -reduzierungen erklärt . Die Zusammenhänge und Daten werden in Grafiken veranschaulicht und kompakt dargestellt .
Factsheet ma auch in fiktiven Formaten wie Serien , Fernsehfilmen und Kinofilmen eine Rolle spielen , denn : „ Das existenzielle Problem ist in der Gesellschaft ( noch ) nicht angekommen , sonst würden wir uns anders verhalten .“ Andere befürchten , dass der Begriff Klimakatastrophe eher zu einer Abnutzung führt und Leserinnen , Zuschauer , User dadurch abstumpfen .
Wie also erreichen Wissenschaftskommunikation und Medien die Menschen ? Tagesschau-Redakteurin Anja Martini ist überzeugt : „ Wir müssen ohne erhobenen Zeigefinger viel mehr erklären .“ Genau dafür gebe es jetzt neue Formate : auf der Tagesschau-Online-Seite eine Rubrik Wissen , auf der auch alle Berichte zur Klimakrise zu finden seien , und seit Anfang November auf Tagesschau24 jeden Freitag vor der regulären Tagesschau 15 bis 25 Minuten lang das Magazin „ KlimaZeit “. „ Wir wollen dort die Klimakrise umfassend erklären und neueste Ergebnisse der Klimaforschung einordnen .“ Dafür brauchten die Medien wiederum die Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft und ihr Faktenwissen .
■ CWE